Die SPD- Bundestagsfraktion hatte zu einer Diskussionsveranstaltung mit Andrea Nahles und Prof. Gert Weisskirchen eingeladen. Die designierte stellvertretende Parteivorsitzende sprach zum Thema „Gerechter Lohn für gute Arbeit - für einen Mindestlohn" in Sandhausen. Mehrere Genossinnen und Genossen aus Walldorf hatten sich auf den Weg gemacht, um ihre Argumente zu hören. Andrea Nahles leitete ihren Vortrag mit Betrachtungen über die fortschreitende Globalisierung ein, die zwar nicht zu verhindern sei, aber deren Auswirkungen politisch gestaltet werden müssten.
Insbesondere gelte es, der Umfunktionierung des Menschen zur Ware entgegenzutreten. Sie konnte sich bei dieser Aussage auf den SPD-Vordenker Erhard Eppler berufen. Ihre konkreten Argumente waren einleuchtend: 20 von inzwischen 27 EU-Staaten haben bereits Mindestlöhne und haben dabei keine schlechten Erfahrungen gemacht. Der von Gegnern von Mindestlöhnen vorgebrachte Einwand, Mindestlöhne kosteten Arbeitsplätze, konnte nirgends verifiziert werden. Mindestlöhne werden nicht nur von Arbeitnehmern gefordert, auch Arbeitgeber wie Zeitarbeitsfirmen treten für sie ein, um eine mörderische Konkurrenz zu entschärfen. Die 2011 wirksam werdende Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der EU würde ohne Mindestlöhne das Lohndumping verstärken. Frau Nahles wies auf die erfolgreiche Eingliederung von 600.000 polnischen Arbeitnehmern in die britische Wirtschaft hin, wo seit 1998 Mindestlöhne existieren. Am Beispiel Großbritannien machte sie auch die Aufgabe der Politik klar. Die Höhe der Mindestlöhne bestimmen politisch unabhängige Gremien, ihre Einhaltung ist politischer Kontrolle unterworfen. Eine Hotline, interessanterweise stark von Arbeitgebern genutzt, wurde eingerichtet. Jeder einzelnen Beschwerde muss nachgegangen werden.
Andrea Nahles versprach, weiter für Mindestlöhne zu kämpfen und nannte als nächste Ziele deren Einführung in den Branchen Postdienste, Zeitarbeit und Wachdienste. Nicht leichter wird die Erreichung dieser Ziele durch die Rücksichtnahme auf den Standpunkt des Koalitionspartners, dass Mindestlöhne nur in Branchen ohne Tarifverträge sinnvoll seien. Minigewerkschaften mit an Dumping grenzenden Tarifabschlüssen können zum Hindernis werden.
Eine lebhafte Diskussion, in der auch gefragt wurde, warum dieses Thema nicht schon früher von der SPD aufgegriffen wurde, schloss die Veranstaltung ab.